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22.02.21

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Wie die ambulante Versorgung zukunftssicher wird

Neun von zehn Patienten werden ambulant behandelt – auch und gerade in der Corona-Pandemie. Damit dieses Fundament der medizinischen Versorgung auch zukünftig gut funktioniert, zeigen die Vertragspartner des AOK-Haus- und Facharztprogramms Handlungsbedarf in vier Bereichen auf. An erster Stelle steht die Sicherstellung der Versorgung in ländlichen Regionen. In allen großen Arztgruppen liegt der Anteil der über 60-Jährigen mittlerweile deutlich über 20 Prozent, angeführt von den Hausärzten mit 37 Prozent. Und die Lücke zwischen den aus Altersgründen ausscheidenden Medizinern und dem ärztlichen Nachwuchs wird immer größer. Hinzu kommen Mentalitätswandel, die es zu berücksichtigen gilt: Junge Ärztinnen und Ärzte präferieren zunehmend eine Festanstellung auf Teilzeitbasis, und sie bevorzugen primär die größeren Städte. Neben der Stärkung der Allgemeinmedizin an den Universitäten müssen deshalb alle Beteiligten ihre Anstrengungen deutlich erhöhen und gerade für die kritischen Regionen passende Nachfolgelösungen erarbeiten. Unter anderem gelingt das durch Förderprogramme des Landes zur Stärkung des Hausarztberufs und die verstärkte Einführung neuer Organisationsformen wie etwa Primärversorgungszentren.

Die Vorteile einer freiwilligen hausarztzentrierten Versorgung (HZV) mit einer verbindlichen Einschreibung gegenüber der Regelversorgung sind gerade in der Corona-Pandemie offensichtlich. Ein fester Hausarzt vor Ort als Ansprech- und Vertrauenspartner der Patienten übernimmt die Koordination als Fundament einer hochwertigen ambulanten Versorgung. „Die Haus- und Facharztverträge der AOK-Baden-Württemberg sind und bleiben deshalb ein wichtiger Baustein zur Lösung des Nachwuchsproblems“, so Dr. Berthold Dietsche, Chef des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg, „da sie die Arbeitsbedingungen und die Wirtschaftlichkeit der Praxen deutlich verbessern“. Sowohl die HZV als auch die daran gekoppelten Facharztverträge fördern zeitgemäße Praxen mit Teamstrukturen und Teilzeit-Arbeitsplätzen. Konzepte, wie die speziell qualifizierten VERAH® (Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis) und EFA® (Entlastungsassistentin in der Facharztpraxis) führen zu einer dauerhaften Entlastung der Ärzte und verbessern die Versorgungsqualität. Eine Praxis mit einem hohen Anteil von Patienten im Haus- bzw. Facharztprogramm ist daher ein entscheidendes Plus für eine erfolgreiche Praxisnachfolge.

Die Corona-Krise wirkt auch als Katalysator der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Das belegt die deutliche Zunahme von Telefonkontakten und Videosprechstunden und ihre Akzeptanz bei Ärzten und Versicherten. Die Vertragspartner erweitern deshalb die bewährten „analogen“ Strukturen in den Selektivverträgen bereits seit Mitte 2019 systematisch um die elektronische Arztvernetzung (eAV). Rund 2.200 Praxen nehmen bereits daran teil und können E-Arztbriefe und Medikamenteninformationen strukturiert digital untereinander austauschen. Dieser Transfer sollte zukünftig auch mit Praxen der Regelversorgung und Kliniken möglich sein und die elektronische Patientenakte einbeziehen. „Mit Unterstützung der Landesregierung muss deshalb sichergestellt werden, dass die erfolgreich implementierten elektronischen Vernetzungsstrukturen und ihre Mehrwerte einfach in die Telematikinfrastruktur überführt werden können, wenn diese technisch weiterentwickelt und funktionsfähig etabliert ist“, so Dr. Werner Baumgärtner, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg und MEDI GENO Deutschland.

Im Oktober 2020 schloss die AOK Baden-Württemberg mit den Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm ihren landesweit ersten Qualitätsvertrag gemäß § 110a SGB V, um einen besonders hohen Standard bei Hüftimplantationen zu etablieren. Dabei werden Patienten auch vor und nach der Operation gut versorgt – vorzugsweise auf Basis der bestehenden gut ausgebauten Strukturen im Haus- und Facharztprogramm. Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg betont: „Die Möglichkeiten, Qualitätsverträge mit Krankenhäusern abzuschließen, sind derzeit noch sehr eingeschränkt, weil die Reglementierung sehr hoch ist, etwa für den geforderten Evaluationsaufwand der Kliniken. Seitens der Landesregierung bedarf es auch in diesem Bereich vermehrter Unterstützung, um mehr Gestaltungsfreiheiten zu erwirken und dadurch die sektorübergreifende Versorgung zu fördern.“

Bundesweit nehmen derzeit 5,9 Millionen Versicherte an der HZV teil, davon allein rund ein Drittel bei der AOK Baden-Württemberg. Ein Hauptgrund für die nach wie vor eher schleppende Entwicklung im übrigen Bundesgebiet liegt darin, dass viele Versicherte das HZV-Angebot ihrer Krankenkasse gar nicht kennen, weil diese nicht von den nachgewiesenen Vorteilen überzeugt sind und deshalb die Umsetzung häufig bremsen. Die Vertragspartner sehen auch hier nach wie vor Handlungsbedarf. Einerseits müsse das Recht der Versicherten auf ein Angebot einer HZV durch den Fortbestand der Kassenpflicht zum Angebot von Hausarztverträgen dauerhaft gesichert bleiben. Andererseits sollte die Politik auf Bundesebene qualitätsorientierte haus- und fachärztliche Vollversorgungsverträge explizit fördern, sodass deutlich mehr Patienten von den nachgewiesenen Vorteilen profitieren können.

Hier finden Sie das Positionspapier

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Hausärzteverband Baden-Württemberg, Telefon: 0172 201 0390