Neue Versorgung

Berlin, 09.09.2014

Besser betreut - Wissenschaftliche Studie zum Hausarztvertrag bestätigt:

Pro Jahr allein 4.500 vermiedene Krankenhauseinweisungen und 250 hüftgelenksnahe Frakturen weniger im Südwesten

 

 Patienten in der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) in Baden-Württemberg sind besser betreut. Die neuesten wissenschaftlichen Studienergebnisse der Universitäten Frankfurt/Main und Heidelberg belegen erstmals, dass die intensivere Behandlung durch den Hausarzt in Baden-Württemberg auch hilft, mehr als 4.500 Krankenhauseinweisungen in der HZV pro Jahr zu vermeiden. Der Vertrag im Südwesten ist damit die Umsetzung par excellence des politischen Willens, eine patientenorientierte Versorgungsgestaltung zu erreichen. In ihrem Bericht bestätigen die Wissenschaftler, dass besonders chronisch Kranke und ältere Menschen von der HZV in Baden-Württemberg profitieren, beispielsweise indem schwierige Krankheitsverläufe erst gar nicht eintreten: Durch den Hausarztvertrag konnten alleine 250 Hüftgelenksfrakturen im Jahr vermieden werden.

Die HZV ist für mehr als 1,25 Millionen Versicherte und über 3.800 Hausärzte in Baden-Württemberg fest etabliert und nachweislich akzeptiert. Die Arbeit der mittlerweile über 1.500 arztentlastenden Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis (VERAH) wirkt sich für Ärzte und Patienten gleichermaßen positiv aus. „Die HZV setzt in der ärztlichen Versorgung auf den Teamgedanken und hat den Tanker Gesundheitswesen langsam, aber sicher auf einen neuen, vielversprechenden Kurs gebracht“, so die beiden Leiter der Studie, Prof. Dr. med. Ferdinand M. Gerlach, MPH, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Johann Wolfgang Goethe‐Universität Frankfurt am Main und Prof. Dr. med. Dipl. Soz. Joachim Szecsenyi, Ärztlicher Direktor der

Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Heidelberg, am Dienstag (09.09.2014) in Berlin.

Was im herkömmlichen System kaum existiert, heißt in der Südwest-HZV „wissenschaftlicher Beleg“. Dieser bestätigt für die nunmehr evaluierten Jahre 2011 und 2012 9.000 vermiedene Klinikeinweisungen. „Dieses Ergebnis ist nicht zufällig“, so Szecsenyi, „es ist die Folge der viel intensiveren Beziehung zwischen HZV-Arzt und Patient.“ So hätten HZV-Patienten durchschnittlich pro Jahr drei Hausarztkontakte mehr als die Versicherten in der Regelversorgung (dies entspricht 15 Prozent), überflüssige Behandlungen nähmen ab (unkoordinierte Facharztkontakte liegen um mehr als 20 Prozent unter der Regelversorgung) und es würden um ein Drittel weniger Medikamente verschrieben. Die konsequentere Arzneimittelsteuerung wirke sich aus: „Die Pharmatherapiekosten im ambulanten Bereich waren für die HZV-Versicherten pro Jahr und Patient schon ohne Rabattberücksichtigung über 100 Euro geringer als in der Regelversorgung“, so Szecsenyi weiter.

Ferdinand Gerlach ergänzt: „Eine stabile, kontinuierliche, auf eine langfristige Arzt-Patienten-Beziehung angelegte hausärztliche Versorgung der Versicherten wird nachweislich gestärkt. Die HZV-Patienten nehmen diese Veränderungen positiv wahr und schätzen es, dass auch die Informationen aus Facharztbehandlungen beim Hausarzt zusammenlaufen. HZV-Praxen betreiben ein konsequentes Patientencoaching und entwickeln sich so zur Teampraxis.“

„Die AOK investierte allein 2013 insgesamt über 300 Millionen Euro in den Hausarztvertrag, weil wir wissen, dass das insbesondere unseren Versicherten zu Gute kommt“, so der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann. Die AOK Baden-Württemberg sehe sich damit in ihrem langjährigen Weg um bestmögliche, individuelle

Versorgung vollauf bestätigt. „Dass überflüssige Kosten vermieden und Falschversorgung abgebaut wird, ist das eine. Nicht vergessen sollten wir das andere, nämlich die Neujustierung des Systems. Hier wird der Beweis geliefert, dass bessere Patientenversorgung und Wirtschaftlichkeit – richtig gemacht – zwei Seiten einer Medaille sind“, so Hermann.

Eine wesentliche Grundlage des Erfolgs der HZV sei, dass sie in Baden-Württemberg zu mehr Berufszufriedenheit für den Hausarzt führe und ihm bessere Perspektiven biete, betont Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbands Baden-Württemberg. „Sie erfahren Wertschätzung, Berufsbestätigung sowie eine finanzielle Aufwertung. HZV-Praxen bieten bessere Rahmenbedingungen für die freiberufliche Tätigkeit und verbessern die Einnahmesituation. Dies trägt dazu bei, die hausärztliche Profession auch für jüngere Ärzte interessant zu machen, insbesondere auch was den Nachwuchs in ländlichen Gebieten anbelangt.“ Der Vorsitzende von MEDI Baden-Württemberg, Dr. Werner Baumgärtner, ergänzt: „Die Hausarzt- und Facharztverträge bilden die Basis der strukturierten Versorgung und ermöglichen eine ganzheitliche medizinische Betreuung. Die Patienten profitieren von den hohen Qualitätsanforderungen und der engen Zusammenarbeit sowie kurzfristigen Terminangeboten der Haus- und Fachärzte.“

„Gesundheitspolitische Ziele, die sich die Politik aktuell auf die Fahnen geschrieben hat, wie die Stärkung der Hausarztrolle, hohe Qualitätsorientierung und eine bessere Vernetzung, sind in der HZV Baden-Württemberg bereits Wirklichkeit“, sagt Hermann.